Italien streicht Bürgergeld per SMS

Italien streicht Bürgergeld per SMS

Die Digitalisierung vieler Lebensbereiche hat unsere Kommunikation nachhaltig verändert. Und das nicht erst seit gestern. Wurde vor der Einführung massentauglicher Mobiltelefone noch zum Stift oder zum Hörer gegriffen, um wichtige Themen zu besprechen, quetschen viele Handynutzer seit den 90er Jahren ihre Inhalte in 160 Zeichen.

In vielen Fällen scheint das auch angemessen. Doch manches gilt auch als anstandslos. Das Beenden einer Beziehung per SMS zum Beispiel: Wer die Trennung per Kurzmitteilung bekannt gibt, wählt in den Augen vieler den bequemen, schnellen und vor allem stillosen Weg. Umfragen zufolge steht in Zeiten von Kurzmitteilungen, WhatsApp und sozialen Medien die private Konversation hoch im Kurs, um einen Schlussstrich zu ziehen. Schließlich bietet das persönliche Gespräch den Raum, Gründe für das Scheitern der Beziehung offenzulegen.

Nun funktioniert der direkte Austausch im Privaten oder im Geschäftsleben anders als die Kommunikation von Behörden mit den Bürgern. Doch auch hier erwarten wohl die meisten ein Mindestmaß an Transparenz und Fingerspitzengefühl. Erst recht, wenn negative Botschaften eintreffen, wie die Ablehnung eines Antrags.

Nicht so in Italien: Dort hatte die Regierung unter Führung von Ministerpräsidentin Giorgia Melonis Anfang Mai beschlossen, das erst 2019 eingeführte Bürgergeld zu streichen. Eine Art Sozialhilfe für bedürftige Haushalte, von dem bisher wohl um die zweieinhalb Millionen Bürger profitiert haben. Die Begründung: Das Bürgergeld war nicht geeignet, um die Menschen zur Annahme einer Arbeit zu bewegen. Zwar soll die Unterstützung weiterhin für Familien mit Minderjährigen im Haushalt, Menschen mit Behinderungen oder Senioren im Alter von mindestens 65 Jahren zugänglich sein. Ebenso soll es eine Unterstützung für Weiterbildungen und eine Bonuskarte für bestimmte Lebensmittel geben. Dennoch stellt die Entscheidung das „reddito di cittadinanza“ zu überarbeiten, viele Menschen vor enorme Probleme. Besonders im Süden Italiens, wo die Arbeitslosigkeit regional eine Quote von bis zu 20 % erreicht.

SMS eignet sich nicht jede Botschaft

Was die Kontroversen und Proteste um das Ende der Sozialhilfe aber erst richtig befeuert, ist die Art und Weise der Bekanntgabe: Ohne Vorbereitung teilte Italiens Regierung 169.000 Haushalten Ende Juli mit, dass sie ab dem 01. August auf den Bezug des Bürgergeldes verzichten müssen. Per SMS. Gerade mal sechs Zeilen verkündeten den Betroffenen das Ende der finanziellen Unterstützung. Und das könnte erst der Anfang sein. Beobachter vermuten, dass weitere 80.000 Haushalte gegen Ende des Monats eine ähnliche Kurzmitteilung erhalten könnten. Schließlich sollen gemäß der aktuellen Haushaltsplanung 40 % weniger Berechtigte das Bürgergeld beziehen dürfen. Aber vielleicht fügen die Behörden Italiens diesmal Emojis hinzu, um die ernste Botschaft etwas aufzulockern. Besser wäre es jedoch, auf eine respektvolle Umgang zu setzen und auf die SMS als Kommunikationskanal in diesem Fall zu verzichten.